Industrie 4.0: Vor Ort bei der Maschinenfabrik Rheinhausen
Im 4. Teil unserer Industrie 4.0 – Veranstaltungsreihe für Interim Manager sind wir diesmal zur einem Vor-Ort-Seminar gefahren. Zusammen mit 15 Interim Manager haben wir die Maschinenfabrik Reinhausen in Regensburg besucht.
Es war in mehrer Hinsicht eine unvergessliche Exkursion:
Die MR ist ein unabhängiges Familienunternehmen in der 5. Generation mit 31 Tochter- und Beteiligungsgesellschaften, ca. 3.000 Mitarbeitern und über 700 Mio. € Umsatz. MR produziert technische Lösungen für die elektrische Energietechnik wie z. B. Regelungen von Transformatoren. Dort entstehen innovative Produkte für die Energie-Herausforderungen der Zukunft.
Ein Wiedersehen in Regensburg
Kennengelernt haben wir das Unternehmen auf der Metav im Frühjahr. Herr Johann Hofmann hat uns am Messestand direkt eingeladen, vor Ort zu sehen, wie bei MR unter dem Industrie 4.0- Gedanken die Produktion gesteuert wird. Und wir waren wirklich beeindruckt. Denn die Realisierung der eigenen Hochleistungsfertigung der Zukunft ist ein hervorragendes Beispiel für die Innovoationskraft des Mittelstandes. Entwickelt wurde mit eigenen Mitarbeitern in den letzten 15 Jahren eine patentiertes Assistenzsystem mit dem Namen: ValueFacturing®. Hier vernetzt die eigen programmierte Softwarelösung MR-CM® die gesamte Produktion und setzt so neue Maßstäbe hinsichtlich Energie- und Ressourceneffizienz und Produktivität. Das System agiert als eine Art Datendrehscheibe und steuert, verwaltet und überwacht den gesamten Herstellungsprozess in Echtzeit ohne eine zwischengeschaltete Datenbank. Diese Datenscheibe bekam sofort von unseren Teilnehmern den Kosenamen: „Die ominöse blaue Tonne".
Diese System verkauft MR inzwischen zusammen mit einer Potzenzialanalyse und umfassenden Consulting-Dienstleistungen auch an andere Betriebe mit zerspanender Fertigung. Im Jahr 2013 wurde die Maschinenfabrik Reinhausen übrigens hierfür mit dem ersten Industrie 4.0-Award überhaupt ausgezeichnet. Johan Hofmann ist heute einer der Experten für Industrie 4.0. Er hat ValueFacturing® maßgeblich – ursprünglich ja nur für die eigene Produktion gedacht – mit entwickelt.
Gestartet sind wir in diesen interessanten Tag mit einem Vortrag von Johann Hofmann:
" Industrie 4.0 – Die Fabrik der Zukunft – Auf dem Weg zur digitalen Fabrik am Beispiel der eigenen Fertigung"
Anschließend erlebten wir bei einem Rundgang mit Herrn Gerhard Müller von der MR diese Hochleistungsfertigung live. Auch wenn die beiden Führungskräfte bei MR immer wieder betont, dass man die Lösung natürlich nicht wirklich sehen kann, sondern sich „nur" die Auswirkungen in den „nackten" Produktionskennzahlen widerspiegeln. Aber das war wirklich beeindruckend. Diese Lösung eignet sich vor allem bei zerspanenden Fertigungen mit einer hohen Variantenanzahl an Produkten (= viele Rüstzeiten) und einem variantenreichen Maschinenpark an unterschiedlichsten Produktionsmaschinen (= große Menge an Produktionszahlen und CNC-Programmen).
Aber auch unabhängig von ValueFacturing® war die Besichtigung des Unternehmens selbst wie z.B. auch das automatisierte Hochregal-Lager in der neuen Logistikhalle mit ca. 12 m Deckenhöhe schon sehr beeindruckend.
Provokante Thesen zum Thema Industrie 4.0 im deutschen Mittelstand
Neben den technischen Details haben alle Teilnehmer einiges zum Nachdenken mit nach Hause genommen. Denn neben den gelebten ungewöhnlichen Unternehmenswerten des Inhabergeführten Mittelständlers war die Leidenschaft des Value Factoring-Teams für die Digitalisierung wirklich beeindruckend: Hier beispielhaft einige vorgestellte Kernthesen:
„Industrie 4.0 ist keine maximale Automatisation der Produktion durch Reduzierung der menschlichen Arbeitskraft- sondern viel mehr die Idee, die Mitarbeiter maximal hochqualifiziert und hocheffizient einzusetzen"
„Menschenleere Hallen wird es bei uns nach unserer Vorstellung der Digitalen Fabrik nie geben"
„Industrie 4.0 kann nicht über ein komplett vernetztes System laufen- sondern es werden immer einzelne spezialisierte Assistenzsysteme sein, die dann wiederum in einer zentralen Einheit vernetzt sein werden"
„Die Menschen reden von Industrie 4.0 und meinen die Digitale Fabrik – die wird es aber so nie geben- und bis heute gibt es auch keine Lösung für die Digitale Fabrik . Jeder der das heute behauptet, der lügt!"
„Wirtschaftlich zielführend kann für den Industriestandort Deutschland nicht mehr die Massen- bzw. Großserienfertigung sein. Da ist Deutschland einfach als Produktionsstandort zu teuer. Die Nische ist die hochspezialisierte Einzel- und Kleinserienfertigung in kürzester Produktionszeit zu maximaler Qualität."
„Wir haben bei MR eine klare Vision, wo wir 2020 mit unserer Produktion stehen wollen. Und so eine definierte Vision braucht jedes produzierende Unternehmen schon heute- sonst existiert es 2020 nicht mehr!"
„Industrie 4.0 ist ein dauerhafter Prozess, der nie endet: Deshalb muss jedes Unternehmen jetzt sofort damit anfangen – egal, wie digital das Unternehmen heute ist. Denn die große Lösung, auf die alle warten, wird es nie geben"
Anhand dieser provokanten Thesen lässt sich bestimmt erahnen, warum es im Anschluss bei den hochsommerlichen Außentemperaturen von über 32 Grad noch hitziger untereinander und mit den Experten von der MR diskutiert wurde. Aber es ging auch um faktische Themen wie Einführungsaufwand, wirtschaftliche Bewertung inkl. Kennzahlen, Anwendernutzen, Anwendbarkeit auf andere Produktionsverfahren u.v.m
Warum Industrie 4.0 ein Kernthema für Interim Manager ist
Immer wieder hören wir von Interim Manager, dass Industrie 4.0 nur „Alter Wein in neuen Schläuchen" sei. Hier ein Zitat eines geschätzten Interim Managers aus dem Einkauf: „Bereits seit 2000 führe ich eProcurement in Unternehmen ein. Und jetzt ist das plötzlich Industrie 4.0. So ein Quatsch!"
Ähnliches habe ich auch schon von einigen unserer Interim-Automatisierungs-Experten, Logistikern, CRM-Profis oder SAP-Hana-Projektleitern gehört. Aber: Das Thema kommt jetzt unter diesem Schlagwort und unter „Digitalisierung" im Mittelstand an. Und es entsteht ein Handlungsdruck bei unseren Kunden. Doch wenn wir jetzt nicht gemeinsam ( Interim Manager & Provider) aufpassen, dann landen diese Projekte alle bei den namenhaften Unternehmensberatungen. Schauen Sie sich doch bitte deren Webseiten an, mit welchem irrsinnigen Marketingbudgets sich die PWC´s, KPMG´s und Deloittes dieser Welt das Thema schnappen und zu ihrer Kernkompetenz machen. Mit Verlaub: Das ist lächerlich!!!.
Ich finde, das Thema gehört den Interim Managern, die hier gehbare und erprobte Lösungen in mittelständische Unternehmen auch wirklich implementieren können. Von der Praxis für die Praxis! Klar stimmt es auch, dass viele unserer Interim Manager auf Kunden treffen, die noch nicht mal bei Industrie 2.0 angekommen scheinen. Aber hier kann durch das praktische Wissen und die Changement-/ Führungserfahrung der Manager auf Zeit auch eine ganze Evolutionsstufe übersprungen werden. Hier gehe ich absolut konform mit den Experten von MR: STarten müssen unsere Kunden jetzt- und da brauchen Sie gute und erfahrene Interim Manager als Treiber und Lotsen in den Digitalisierungsprozessen und keine operativ und Führungsunerfahrenen Unternehmensberater. Oder, was meinen Sie?
Gern helfen wir Ihnen, dass auch Sie Ihren Industrie 4.0- Experten bekommen.Wir freuen wir uns hier auf Ihre Kontaktaufnahme.