Neue IT Manager braucht das Land
Mit dem Lied „Neue Männer braucht das Land" gab Ina Deter 1982 ihrer vielfältigen Suche nach einem neuen Mann eine starke Stimme. Vergleichbar laut rufen viele mittelständische Unternehmen heute nach einer neuen IT. Der aktuelle Generationenwechsel in Handwerk und Wirtschaft konkretisiert diese Suche in der Person des richtigen IT Managers.
In unserem Fachartikel lesen Sie, welche Kenntnisse und Erfahrungen ein IT-Manager heute mitbringen muss, um das IT Management eines Unternehmens sinnvoll aufbauen und führen zu können.
Vom IT Handwerker zum IT Manager
Die IT Abteilung der letzten 30 Jahre war geprägt von handwerklichem Charakter. Die Unternehmens IT wurde in einem hohen Maße durch Eigenleistungen der IT Abteilung erbracht. Dort hatten Fachkräfte verschiedenster IT Schwerpunkte ihr Zuhause. Sie sorgten in einem sehr pragmatischen Zusammenspiel für die Erfüllung der IT Bedarfe Ihrer Kollegen im Unternehmen. So wurden z.B. Netzwerke betrieben und variantenreiche IT Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt, auf denen die notwendige Anwendungssoftware benutzt werden konnte. Bei Bedarf wurden externe IT Spezialisten in die interne Organisation integriert. Die räumliche Nähe des gleichen Standortes sicherte die direkte Unterstützung des Anwenders. Das IT-Management hatte grundlegende technische Kompetenzen und war damit führungs- und entscheidungsfähig.
Mit dem Beginn des dritten Jahrtausends begann der Wandel in der Informatik. Ausgebildete IT Fachkräfte wurden knapp, daher stiegen die Gehälter und die IT Kosten stetig an. Die rasante technische IT Entwicklung verursachte millionenschwere Investitionsstaus in zentraler IT-Infrastruktur, Hardware und Software. Neue Bedarfe wie z.B. Collaboration, Videotelefonie, und steigende Anforderungen an die IT-Sicherheit ließen einen weiteren Rückstand entstehen, der von der dünnen Personaldecke nicht mehr aufgeholt werden konnte. Der IT Manager wurde zum Krisen- und Engpass-Manager.
Cloud und Digitalisierung machen Druck
Not macht erfinderisch und das Konzept des „Managed IT Service" wurde geboren. Eine neue IT-Architektur entstand. Der Siegeszug der „... as a Service" IT Leistungen begann. Bisher intern erbrachte IT Leistungen wurden in Paketen zusammengeschnürt, ergebnisorientiert formuliert und von geeigneten IT Dienstleistern nach Bedarf gemietet. Unternehmenseigene Rechenzentren wanderten in die Cloud. Aus dem eigenen Monitor, Desktop, Maus, Tastatur und der Anwendungssoftware wurde der „Workplace as a Service".
Die technischen Entwicklungen zogen fundamentale organisatorische Änderungen nach sich. Ein Lieferantenmanagement löste die Mitarbeiterführung ab. Ad hoc Aufgabenverteilung an IT Kollegen wurde durch standardisierte Prozesse ersetzt. Aus dem Management mehrerer IT Lieferanten, die Managed IT Service Leistungen erbringen, wuchs die „Multiprovider" Steuerung. Die IT-Abteilung rückte aus der Mitte des Unternehmens an den Rand der Organisation als Schnittstelle zu den Lieferanten.
Parallel zu diesen Veränderungen stieg der Digitalisierungsdruck der Unternehmen. In traditionellen Branchen wie dem Maschinenbau wurden IT-Systeme zu einem wichtigen Element der verkauften Produkte. Die notwendige Beschleunigung und Stabilisierung interner Prozesse ist heute ohne Software nicht mehr vorstellbar.
Somit veränderte der Druck von allen Seiten die Anforderungen an das IT-Management in einem mittelständischen Unternehmen innerhalb weniger Jahre. Dem führungsbegabten technischen Generalisten mit 20 Jahren Berufserfahrung in einem Unternehmen fehlte plötzlich das Handwerkszeug für die täglichen Aufgaben. Dem langfristig herangezogenen Nachwuchs als IT Leiter ging es nicht besser. Er verlor ebenfalls in kürzester Zeit sein Know-how und hatte keine wirklich relevante Berufserfahrung. „Der weiß wie der Laden hier tickt" wurde von einem Vorteil zum Nachteil.
Neue Anforderungen an IT Manager
Der neue IT Manager braucht juristische Kenntnisse zum IT Vertragsrecht. Er muss verstehen, wie verschiedene Geschäftsmodelle der IT-Branche funktionieren und wie diese Firmen ihr Geld verdienen. Soft Skills wie eine klare Kommunikation und ein kooperatives Verhalten gegenüber seinen Lieferanten verschaffen ihm Durchsetzungsvermögen an Stelle autoritärer Weisungsbefugnis. Als einer von mehreren Kunden seines IT Dienstleisters haben seine Wünsche nicht mehr die erste und einzige Priorität. Der neue IT Manager muss sich an die vertraglich vereinbarten Prozesse und Vorgehensweisen halten. Statt dem Lieferanten die individuellen Wünsche des Unternehmens zu erklären, muss der neue IT Manager den internen Vorgesetzten und Mitarbeitern gegenüber die vertraglich vereinbarten Standards vertreten. Er muss die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen des Wandels von einem hohen Anlagevermögen hin zu variablen Miet- und Dienstleistungskosten verstehen, planen und mit IT-Controlling umsetzen können.
Die größte Herausforderung des neuen IT-Management ist jedoch die Anpassung seiner IT Organisation und der beteiligten Mitarbeiter. Der ehemalige Sytemadministrator wird zum Lieferantenmanager. EU Ausschreibungen und Vertragsgestaltung verdrängen die technische Gestaltung und Problemlösung. Wie der Dienstleister seine Leistung erbringt, darf den Mitarbeiter nicht mehr interessieren. Die systematische Kontrolle der vereinbarten Leistungsergebnisse tritt an diese Stelle. Persönlicher Kontrollverlust löst bei den Mitarbeitern Ängste bis hin zu Lebenskrisen aus.
Der Interim Manager als Katalysator des Wandels
Als Interim-Manager habe ich in den letzten Jahren einige dieser Entwicklungen begleiten dürfen. Kein Mandat war wie das vorherige. Mein Mandat in einem mittelständischen Unternehmen der Medizintechnik ist ein gutes Beispiel für die notwendigen Erfolgsfaktoren in solchen Veränderungssituationen.
Der aktuelle IT Manager war zu dieser Zeit über 20 Jahre im Unternehmen und stand 3 Jahre vor seinem Ruhestand. Sein Nachfolger war schon in den Startlöchern, er hatte jedoch nur einseitige Erfahrung im SAP Umfeld. Der Zustand der IT war desolat. Ausfälle von IT Arbeitsplätzen und der Telefone waren an der Tagesordnung und wurden geschäftskritisch. Trotz stetig steigender IT Ausgaben konnten grundlegende Probleme der IT-Infrastruktur nicht gelöst werden. Die geplanten Investitionen der nächsten drei Jahre überstiegen die Millionengrenze deutlich.
Der Geschäftsführer und Inhaber ging klug und umsichtig vor. Er traf die Entscheidung, externe Unterstützung einzusetzen. In den ersten Vorgesprächen zu meinem Mandat holte er alle Beteiligten an einen Tisch und ließ uns einen gemeinsamen Lösungsansatz erarbeiten. Der bisherige IT Manager durfte eine Vorruhestandregelung in Anspruch nehmen, steht aber seinem Nachfolger als Gesprächspartner noch immer zur Verfügung. Es wurde beschlossen, mir als Interim Manager für ein Jahr die Linienverantwortung der IT Abteilung zu übertragen. Der neue IT Manager wurde von seinen bisherigen Aufgaben freigestellt und übernahm die Verantwortung für einige der anstehenden IT-Projekte.
Wir entwickelten gemeinsam mit der Geschäftsführung und den Fachbereichen eine IT-Strategie. Wir definierten IT Services, führten Ausschreibungen durch und ersetzten interne Leistungen durch Managed Services externer Lieferanten. Wir gestalteten neue Rollen für die Mitarbeiter und die meisten fanden neue und interessante Aufgaben. Dazu gehörte auch, mit langjährigen und verdienten Mitarbeitern Aufhebungsvereinbarungen abzuschließen, weil sie den Veränderungsprozess nicht mitgehen wollten. Erfahrungen im Krisen- und Projektmanagement halfen dabei durch die schwierige Zeit der Umstellung. Die Übergabe an den neuen IT Leiter nach einem Jahr verlief dann vollkommen reibungslos. Er sammelte in diesem Jahr erste Erfahrungen und nahm verschiedene Weiterbildungen wahr. Die neue IT Abteilung ist seine Abteilung, denn er hat sie mitgeformt und eingeführt.
Am häufigsten werde ich gefragt, warum ich nicht bleiben möchte. Ich freue mich über das Vertrauen und die Anerkennung, aber eine langfristige Position kommt für mich nicht in Frage. Es liegt im Charakter des Interim Managements, zeitlich befristet zu arbeiten. Die Zukunft eines Unternehmens und dessen Menschen vorbereiten und ihnen Perspektiven zu geben ist nach einer bestimmten Zeit abgeschlossen. Wir Interim Manager liefern unseren Wert für die Gesellschaft in immer neuen Einsatzgebieten der Wirtschaft ab.
Über den Autor
Stefan Fischer verfügt über 25 Jahre Erfahrung in der Beratung von Kunden und im Interim Management. Er ist seit 2013 tätig als Experte für ITSM Umsetzung und Spezialist für Managed IT Service sowie als Architekt und Projektleiter für ServiceNow ITSM Projekte. Sein Schlüssel zum Erfolg liegt in einer motivierenden und moderierenden Führung von Projektteams und Mitarbeitern sowie in der Fähigkeit, Kundenwünsche und Marktanforderungen zu verstehen und daraus strategische Unternehmensziele und insbesondere IT- Anforderungen abzuleiten. Darüber hinaus sind eine hohe Zielorientierung und Umsetzungsstärke seine wichtigsten Erfolgsfaktoren.
Wenn Sie Fragen zum Themenkomplex IT haben oder sich dazu mit Herrn Fischer austauschen möchten, dann nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.